Interview: Andreas Bischofberger – 30 Jahre Lobos Informatik AG
Andreas Bischofberger gibt uns Einblicke in seine 30-jährige Geschichte bei der Lobos Informatik AG.
Herzliche Gratulation Andreas zu Deinem 30-jährigen Dienstjubiläum!
Vielen Dank.
Vor drei Jahrzenten hast Du Dich als Junior-Programmierer bei der Lobos beworben. Hast Du zum Zeitpunkt Deiner Bewerbung bereits daran gedacht, eines Tages Geschäftsführer der Lobos Informatik AG zu sein und Verwaltungsratspräsident?
Wenn mir das damals jemand gesagt hätte, hätte ich es für absolut unmöglich gehalten. Auch an eine Führungsaufgabe habe ich bei Weitem nicht gedacht. Im Gegenteil: mein Ziel war, Software-Entwickler zu werden und die IT-Branche von der Pike auf zu lernen. Deshalb war ich vor meiner Lobos-Zeit als Operator bei der Telekurs (heute SIX Group) tätig.
Was hat Dich damals überzeugt, die Stelle bei Lobos Informatik anzunehmen?
Ich wollte in erster Linie von einem Grossunternehmen zu einem Kleinunternehmen wechseln. Im Gegensatz zur Telekurs mit damals 2’500 Mitarbeitenden hatte die Lobos bei meinem Eintritt 12 Angestellte. Nach den bis dahin gesammelten Erfahrungen war ich der Überzeugung, dass das besser zu mir passt und bin es heute noch, obwohl wir heute mit 63 Mitarbeitenden bereits zu den mittelgrossen Unternehmen gehören. Weiter hat mich das Bewerbungsgespräch mit dem Firmengründer, Werner Locher, beeindruckt und hat mir die Sicherheit gegeben, dass es die richtige Stelle ist. Dass ich während des Vorstellungsgesprächs mit zwei zukünftigen Programmier-Kollegen sprechen durfte – ohne Beisein von Vorgesetzten – hat mir sehr gut gefallen. Diese damals noch unübliche Vorgehensweise gab mir ein gutes Gefühl und Vertrauen, zumal ich nach diesem Gespräch bereits ein wenig wusste, wie die Firma und deren Chef ticken.
Welche Werte von damals werden heute in dem Unternehmen noch gelebt?
Damals wie heute ist uns Fairplay gegenüber allen Partnern wichtig. Unabhängig davon, ob es sich um Kunden, Lieferanten, Mitarbeitende oder auch nur um die Unternehmen in der Nachbarschaft handelt. Jeder kann und darf seinen eigenen Charakter einbringen, solange die Regeln des Anstandes eingehalten werden. Unsere Mitarbeitenden zum Beispiel kennen die Haltung des Führungsteams und verhalten sich entsprechend, wenn sie bei Kundeneinsätzen im Namen unserer Firma auftreten. Dieses Wissen vermitteln wir durch Konstanz, Kontinuität und Verlässlichkeit. Wir bleiben authentisch und ähnliche Situationen führen zu identischen Entscheidungen. In all den Jahren kam aber auch der Humor nie zu kurz. Neben dem Ernst des Arbeitsalltags wird bei uns gerne auch mal gelacht. Und egal, ob unter der Führung meines Vorgängers oder unter mir, eines ist gebliebe und daran halten wir fest: Wir haben das Unternehmen nie verschuldet.
Was waren rückblickend, die prägendsten Momente der letzten 30 Jahre?
Da gab es viele.
Speziell in der Informatik ist die Einführung einer neuen Produktegeneration immer wieder ein Highlight. Bei uns lagen jeweils etwa 10 – 12 Jahre zwischen solchen Meilensteinen. Es ist zwar oft ein langer, steiniger Weg mit vielen Herausforderungen, eine neue Softwaregeneration zu entwickeln und zur Marktreife zu bringen. Umso spannender ist es, eine solche Herausforderung anzugehen. Und wieder sind wir mittendrin! Im Bereich unserer Software-Lösung für soziale Institutionen erscheint diesen Herbst mit Lobos4 eine weitere Softwaregeneration, die fünfte seit der Gründung der AG im Jahr 1979, und wir freuen uns sehr auf diesen Rollout.
Gab es auch kuriose Erlebnisse?
Tausende! Gefühlt lebten wir früher zeitweise im Wilden Westen. So haben wir beispielsweise an einer Messe (Orbit 1998) neben unserer aktuellen Produktegeneration einen Software-Prototypen für eine mögliche neue Generation mitgenommen. Vor lauter Euphorie und Stolz haben wir den Interessenten vor allem den Prototypen gezeigt und nicht das aktuelle Produkt. Heute wäre es unvorstellbar, mit einer Software im Markt aufzutreten, die nicht ausgereift, geschweige denn getestet ist – und das ist auch gut so. Wir haben jedoch unseren Prototypen an jener Messe gleich zwei Mal verkauft, weil es optisch und zum ersten Mal als Windows-Software sehr ansprechend aussah. So war Lobos-SQL geboren und wir mussten den Prototypen in vielen Stunden noch zu einem soliden Produkt fertigbauen. Nebenbei bemerkt dürfen wir die beiden damaligen Käufer noch immer zu unseren Kunden zählen – so schlecht kann uns das deshalb nicht gelungen sein.
Stimmt, heutzutage wäre das wirklich undenkbar.
Genau so undenkbar, wie ein heutiger Kundeneinsatz ohne Handy. Dann wäre mir nämlich erspart geblieben, spät abends im Dunkeln aus einem Bürofenster, zum Glück im Parterre, klettern zu müssen. Es muss in den frühen 90er Jahren gewesen sein, als mein damaliger Kunde nach Büroschluss nach Hause gegangen ist und ich allein zurückgeblieben bin, um die Lohnarten fertig einzurichten. Dass mich, währenddessen ein Securitas-Mitarbeiter eingeschlossen hat, blieb für mich zuerst unbemerkt. Erst als ich nach getaner Arbeit ebenfalls den Nachhause-Weg antreten wollte, war ich infolge verschlossener Tür zur Kletteraktion gezwungen. Heute wäre es mir mit Handy und Internet sicher gelungen, das Problem anderweitig und etwas eleganter zu lösen.
Was zeichnet Dich als Unternehmer aus? Hast Du ein Erfolgsrezept?
Wie anfangs erwähnt, habe ich nie eine Führungsfunktion angestrebt, sondern bin in die Aufgabe hineingewachsen. Sicher habe ich im Rahmen meiner Weiterbildungen, zum Beispiel zum dipl. Wirtschaftsinformatiker, das theoretische Wissen vermittelt erhalten. Jedoch habe ich in den letzten 30 Jahren schon fast jede Station in der Lobos durchlaufen, vom Entwickler über den Support zum Projektleiter und auch Verkauf/Marketing waren Teil meiner Tätigkeiten. So kann ich mich gut in die Sorgen und Situationen unserer Mitarbeitenden hineindenken und das bringt mir mehr Respekt und Vertrauen ein als jede Theorie.
Ich möchte anmerken, dass Du auf mich sehr authentisch wirkst und ein Wort noch ein Wort ist. Das zeichnet Dich aus meiner Sicht auch aus.
Danke Dir! Ich denke, dass wird in unserer gesamten Führungscrew so gelebt.
Wie hat sich die Informatikbranche in den Jahren verändert?
Wir leben definitiv nicht mehr im Wilden Westen. Die Qualitätsansprüche sind gestiegen und es wird erwartet, dass eine Software mit einer hohen Qualität ausgeliefert wird. Heute steht ein ganzes Team hinter einer Software-Auslieferung und nicht mehr nur ein einzelner Entwickler, welcher nach seinem Gutdünken Funktionen einbaut.
Auch ist der Anspruch an die Verfügbarkeit heute viel höher. Früher wurde halt mal die Schreibmaschine benutzt, wenn die Software nicht gelaufen ist. Oder es gab die «Gnade des Postweges», da Programmanpassungen auf Tapes, Disketten oder später auf CD per Post ausgeliefert wurden. Die Dauer des Postweges konnte genutzt werden, um mal noch etwas durchzutesten oder nötigenfalls auszubügeln. Heute müssen Unterbrüche möglichst kurzgehalten werden, damit die User sofort wieder weiterarbeiten und ihrem Tagesgeschäft nachkommen können.
Was würdest Du heute einem jungen Menschen zu Beginn seines Arbeitslebens für einen Tipp mitgeben?
Die Jungen sind unsere Zukunft. Aber auch in ihrer Generation wachsen die Bäume nicht in den Himmel. Das heisst: weiterbilden, zuverlässig sein, Engagement zeigen und vielleicht auch mal Geduld aufbringen, wenn nicht alles so schnell vorwärts geht wie gewünscht.
Wie Thomas Edison sagte: Erfolg ist zu 1% Inspiration und zu 99% Transpiration. Persönlich würde ich sagen, dass die Inspiration, sprich gute Ideen, etwas höher zu gewichten ist und dass es sicher auch noch etwas Glück zum Erfolg braucht – aber das persönliche Engagement nimmt sicher einen grossen Anteil ein. Ich meine damit: Setz Dich nach Kräften ein, bringe gute Ideen und Deine Arbeitsleistung ein. Das restliche Quäntchen für Deinen Weg wird hoffentlich das Glück vollständig machen.
Apropos Dienstjubiläum. Bei der Lobos Informatik AG gibt es sehr viele langjährige Mitarbeitende. Woran liegt das?
Das gesamte Führungsteam legt Wert auf kurze Entscheidungswege, offene Türen und Authentizität. Unsere Mitarbeitenden sind unser Kapital und verdienen Wertschätzung. Hinzu kommt eine gute Durchmischung was Alter, Geschlecht, langjährig vs. noch-nicht-lange-dabei sowie Charaktere angeht.
Und ab und zu ein gemeinsames Feierabend-Bier gehört auch dazu.
Wo siehst Du die Lobos Informatik AG in 10 Jahren und was, glaubst Du, werden die grössten Herausforderungen sein?
Ich wünsche mir, dass die Lobos Informatik AG auch in 10 Jahren noch erfolgreich und wirtschaftlich solide dasteht. Dafür werde ich mich intensiv einsetzen. Zumal die letzten Monate eindrücklich gezeigt haben, wie herausfordernd es für Unternehmen plötzlich werden kann.
Zu den grösseren Herausforderungen gehören sicherlich ein vernünftiges, moderates Wachstum, das für alle, nicht zuletzt für unsere Mitarbeitenden, verkraftbar ist. Wichtig ist, dass wir mit den vorhandenen Ressourcen den richtigen Mix zwischen dem Alltagsgeschäft und der Umsetzung unserer Ideen und Visionen zu finden. Dazu bleibt häufig zu wenig Zeit – trotzdem ist die permanente Weiterentwicklung essenziell für die Zukunft, gerade für ein IT-Unternehmen.
Was beeindruckt Dich nach 30 Jahren Lobos Informatik immer noch?
Software und Softwareentwicklung ist immer noch mein Steckenpferd. Es fasziniert mich immer wieder, was aus 0 und 1 entstehen kann oder wie eine Codezeile, manchmal sogar ein einzelnes Zeichen, die Logik einer Funktion verändern kann.
Wenn ich allein an die heutigen Möglichkeiten mobiler Geräte denke, liegt eine Entwicklung hinter uns, die wirklich beeindruckend ist. Fast bedaure ich manchmal, nicht selbst an einer App-Entwicklung beteiligt gewesen zu sein. Der Fortschritt läuft weiter und weiter – es bleibt spannend.
Herzlichen Dank für das Interview Andreas. Darf ich Dir das Schlusswort übergeben, um Dich an unsere Kunden und Mitarbeitenden zu wenden? Hast Du einen Schlusssatz für sie?
Das Schlusswort nutze ich gerne, um mich bei allen Wegbegleitern zu bedanken, die meine 30-jährige Firmenzugehörigkeit möglich gemacht haben.
Mein Dank geht an unsere Mitarbeitenden, Kunden, Partner und natürlich – last but not least – an meine Familie. Ohne die Unterstützung meiner Familie wären viele für die Lobos investierte Stunden nicht möglich und die nötige Energie nicht vorhanden gewesen. Insbesondere meine Frau hat mir immer den Rücken freigehalten und stand in den Jahren nicht hinter, sondern neben mir. Eine Haltung, die oft unterschätzt, aber immens wichtig ist.
12. August 2021 Andreas Bischofberger, Sandra Bloder